Vorzeitanalyse Bergheim-Glessen
Eine Standbetrachtung mittels Google-Earth Auswertung

Der Name Glessen

Oftmals sind dem heimatlichen Betrachter die Herkunft der Namen für Orte, Wege oder Fluren verborgen. Der Ursprung dieser Namen geht auf die ältere Besiedlung unserer Heimat zurück, die zur Zeit der Kelten und Germanen anzusetzen ist. Es seien einmal erwähnt die Orte Oberaußem, Niederaußem und Auenheim, die auf germanischen Bezeichnungen Ouwist, Ouwa zurückzuführen sind, welches schlicht und einfach Schaf bedeutet; also Oberschafheim, Niederschafheim und Schafheim heißen die drei nordwestlich von Glessen gelegenen aneinanderstoßenden Nachbarorte. (germ. = awi , ahd. = ouwi, mhd = ouwe). Ähnlich verhält es sich bei Euenheim, Euskirchen und Wißkirchen, die nichts weiter als Schafsheim und Schafskirchen bedeuten.

Bei den glessen-namensähnlichen Orten Blessem und Bliesheim geht man von belo = glänzend, Belisame = die sehr Glänzende aus. Bei Glessen finden sich viele germanische Bezeichnungen ebenso für glänzend:

glanta = germ.? glänzend
Glantjan = germ. glänzen
glas-Dn, glasUn = germ.? glänzen
gleitan = gleißen = germ./nhd. glänzen, gleißen
gles = nhd. hell sein
(Quelle: Köbler, Gerhard, Germanisches Wörterbuch, (3. Auflage) 2007)

Ehemalige Sumpflandschaft am Glessener Bach

Eine weitere Ableitung des Namens käme vom Glessener Bach, allerdings ähnlich wie bei Glesse, einem Zufluß der Weser, der man mit prähist. Endung ana, -ina, -na anhängt oder wie bei Besse oder Lesse, einen vorgerman, Fluss- oder Bachnamen denen man einen Sinn wie schmutziges-sumpfiges Wasser beimißt. (Bahlow. S. 178, Auszug bei Rhein. Mühlendokumentationszentrum, Historische Gesamtdokumentation der Mühlen am Pulheimer Bach von Dr. Ralf Kreiner). Wer das Broich und das weiterführende Glessener Bachtal südlich und westlich von Glessen erkundet, wird Zeuge einer einstigen feuchten Bachlandschaft, die sich in früheren Zeiten bei reichhaltigen Regengüssen mitunter als talbreites Sumpfgelände darbot.


Der Glessener Bach etwa 200 m hinter dem Feuerwehrhaus verfügt über zahlreiche kleinere Nebenbäche, die im Quellgebiet des Naturschutzgebietes liegen.

Gerade am 18.1.2011 schreibt die Kölnische Rundschau (Dietmar Fratz) über einen Schlammfluß unter dem Titel: „Ein zäher Brei ging zu Tal“:
Bergheim-Glessen - Eine Mure, wie man sie eigentlich nur aus Bergregionen kennt, hat sich in den vergangenen Tagen über einen Waldweg im Naturschutzgebiet Liebesallee bei Glessen ergossen, wie Horst Engel, Verbandsvorsteher des Unterhaltungsverbandes Pulheimer Bach, mitteilt.

Der zähe Brei aus Wasser, faustgroßen Gesteinsbrocken, Lehm und Löss war im Zuge des Tauwetters und der ergiebigen Niederschläge in der vergangenen Woche von der Glessener Höhe und den Ackerflächen oberhalb des Weges zu Tal geflossen. Auf dem Weg, der vom Glessener Feuerwehrhaus vorbei an Gut Neuhof zur Glessener Höhe hinauf führt, hat das durch Wasserkraft in Bewegung gebrachte Erdreich ausgespülte Rinnen und Schlammmassen von „unglaublicher Tiefe hinterlassen“, wie Engel berichtet. „Im flacheren Teil des Weges haben sich die Wassermassen in einem breiten Schwemmfächer ausgebreitet“, beschreibt Engel das Ungemach, das die Mure hinterlassen hat. Fachleute bezeichneten das Ereignis als „schießend turbulenten Abfluss von Wassermassen, die oben auf dem Feld gestanden haben“.

Ohne auf die Umstände um den Namen Glessen einzugehen hat also Dietmar Fratz ein Phänomen geschildert, welchem Glessen seinen Namen bereits zur Kelten- oder Germanenzeit gegeben hat. So ähnlich als unwegsames Gelände, nach Regen von unzähligen Rinnsalen durchflossene Geröll-, Sumpf- und Lehmböden mag einst zur Besiedlungszeit das gesamte Glessener Tal oder Teile davon sich den Bewohnern dargeboten haben.


Weiter talaufwärts liegen ehemalige Fischteiche. Auf beiden Abbildungen sieht man ehemalige Dämme, die zu diesen Zwecken angelegt worden sind.

Straßennamen

Ebenso wie die Ursprünge unserer Ortsnamen sind uns mitunter die alten Bezeichnungen für Wege- und Flurnamen nicht mehr bewußt. Weinbau in römischer Zeit ist allgemein bekannt; später unter den Germanen gab es sporadisch Weinbau und in wärmeren Geschichtsperioden dehnte sich der Weinbau bis in den Kölner Raum aus. Die Weinbergstraße in Glessen läßt darauf schließen, daß man direkt hier oder an den Südhängen zum Glessener Bach einst den Weinbau kannte. St. Pankratius heißt die Kirche Glessens und auch eine Pankratiusstraße gibt es. Anlaß zum Nachdenken über den „Eisheiligen Pankratius (12. Mai)“, der zusammen mit Servatius und Bonifatius (13. und 14. Mai) zum bevorstehenden Sophientag am 15. Mai das Frostende ankündigt. Durchaus möglich, daß Glessen einst zentraler Kalenderort für die Umgegend war und das Signal für den Beginn der Feldarbeit von Glessener Kalendermachern kam. Heidenpfuhl und 'Am Pohl' deuten auf Markierpfosten; oder können auch eine Senke, gefüllt mit Wasser und Morast bedeuten; anderenorts auch als Entenpfuhl für Zwecke der Federviehhaltung bezeichnet. 'Am Steinweg', 'Auf dem Steinengarten' und 'Im Bruchfeldchen' deuten auf Feldsteine, Steinbruch oder Steinvorkommen. Möglicherweise erhielten einst jungsteinzeitliche Schäfer hier Schutz nahe des unweit fließenden Glessener Baches. Aufgrund der Bezeichnungen läßt sich eine germanische Besiedlung Glessens durch Franken oder Salier annehmen, die sich in der Nähe einer Steinkultstätte an der Pankratiusstraße niederließen; bzw. diesen Ort zu Kultzwecken gründeten.

Kalendermerkmale in Glessen

Wer mit dem Auto durch den Ort Glessen fährt und an der Hauptkreuzung 'Zum Gut Neuenhof' in die Brauweiler Straße einbiegt, stößt oben auf das Tor eines Vierkanthofes Hohe Straße 15 und fährt von dort rechts ab in die Hohe Straße. Einem Betrachter kommen sofort Erinnerungen an die Hohe Straße in Köln mit ihren zahlreichen Geschäften und der imposanten Geschichte Kölns. Nicht wesentlich anders sind die Eindrücke, die man von dieser Hohen Straße in Glessen gewinnt. So wie die Kölner bei Rheinhochwasser sicheren Schutz auf der Hochstraße geniessen konnten, bietet die Hohe Straße in Glessen etwa 4 m oberhalb des Tales Schutz vor einem anschwellenden Glessener Bach, der die Gärten und Wiesen auf einer Länge von 1200 m und einer Breite von 100 m überfluten konnte. Auch die Glessener Hohe Straße ist zum Zentrum des heutigen Geschäftstreibens geworden.


Im Ausschnitt der historischen Katasterkarte sind die Fluren Glessens auf einer Länge von etwa 1200 m mit blauer Farbe markiert, ein Hinweis auf ein feuchtes Auel oder Broich. Wo sich heute stolz Supermarkt, Bäckerei, Imbiß und Eiscafé präsentieren lag unweit einst eine breite Furt durch den Glessener Bach. (Kartenausschnitt entnommen bei bei Rhein. Mühlendokumentationszentrum, Historische Gesamtdokumentation der Mühlen am Pulheimer Bach von Dr. Ralf Kreiner)

Am Beispiel der historischen Karte läßt sich die Bebauung entlang der langen geraden hochwassersicher gelegenen Tangente 'Hohe Straße' erkennen. Die Ausrichtung dieser Straße liegt auf der Kalenderlinie zur Sommersonnenwende (Aufgang); d.h. vom unteren Ende aus betrachtet läßt sich der Sonnenaufgang über dem oberen Ende der Straße am 22.6. morgens beobachten. Sonnenaufgangsbetrachtungen an bestimmten Tagen gehörte zur Datumsbestimmung unserer Vorfahren.

In einer Google-Earth Auswertung ergeben sich neben diesem Linienverlauf weitere, die sich als Kalendergesamtsystem darstellen lassen.


Ausrichtung Glessener Straßen und Fluren an Kalenderlinien - Original-Karte aus: Google-Earth; Abruf 21.2.2011

Es bedeuten
rot = Sommersonnenwende 22.6.
grün = Sophientag 15.5.
gelb = 1.Maitag
blau = Wintersonnenwende
hellbau = Martinstag 11.11.
violett = Mondwenden

Eine weitere Auswertung ergibt, daß die meisten Straßen und Grundstücksausrichtungen im alten Glessen kalendarisch ausgerichtet sind. Die Einzeichnungen in obiger Skizze wurden nicht vollständig vorgenommen. Es liegt insgesamt ein Liniennetzsystem vor, welches oberhalb des lebensspendenden Wassers des Glessener Baches am höher gelegenen Kamm der Hohen Straße liegt. Die neueren Ortsteile wurden nicht untersucht. Diese sind überwiegend nach Katastergesichtspunkten angelegt. Das Neubaugebiet 'Am Sommerhausfeld' liegt etwa in der Ausrichtung zum 17. Mai.

Wie auch am Beispiel von Gürzenich bei Düren ersichtlich, verfügte das alte Glessen über ein Liniennetzsystem basierend auf der Mondwendelinien, die die Sommersonnenwende etwa rechtwinklig kreuzen. Folgende Merkmale zeichnen Glessen aus:

  1. Durch die etwa rechtwinklig der Sommersonnenwendlinie kreuzenden Mondwendelinien erreichten die damaligen Siedler eine relative gute ‚Mond-Beleuchtung‘ bei Nacht, welches damals durch die hell getünchten Fachwerkhäuser verstärkt wurde.

  2. Durch den Wegeverlauf auf der blau dargestellten Wintersonnenwendlinie (Aufgang), die gleichzeitig Sonnenwendlinie (Untergang) ist, und die Sommersonnenwendlinie (Aufgang) können die wichtigsten solaren Ereignisse für Kalendermessungen dargestellt werden. (22.6./22.12.)

  3. An der Pankratiusstraße verlaufen mehrere Kalenderlinien. Etwa in diesem Bereich könnte ein Kalendermittelpunkt, eine Kultstätte oder ein Steinkreis gewesen sein.

  4. Der Rundhügel am Gut Neuhof, der einen Durchmesser von etwa 120 Meter aufweist, kann an dieser Stelle nicht analysiert werden. Würde man ihn als Kultstätte (Martinsfeuer, Sonnenwendfeuer, Galgenstätte, Gerichtsort) ansehen, stände er in Konjunktion zum angenommenen Kalenderstandort an der Pankratiusstraße. Er wäre Beobachtungsstandort für Mondwenden und würde die Gründung Glessens in eine Zeit vor den Germanen und Kelten setzen.


Östlich von Gut Neuhof findet sich dieser im Südwesten Glessens gelegene Hügel. Google-Earth Screenshut 22.2.2011


Der Durchmesser beträgt ca. 120 Meter. Ob es sich um eine ehemaligen Ruine, eine Grabstätte, ein Erdwerk, eine Kultstätte oder einen Kalenderort handelt, ist dem Verfasser nicht bekannt.


Sofern es sich um eine vorzeitliche Anlage handelt, läßt sich ein älteres Kalendersystem vermuten, welches zusammen mit einer einstigen Anlage an der Pankratiusstaße zu sehen ist. Beide liegen gleich hoch bei 108 müNN. Ähnliche Konjunktionen finden sich bei Mondwenden, Sommersonnenwenden, Ausrichtungen zum 1. Mai in der Eifel und wie unten dargestellt bei Stonehenge auf der Sophienlinie.


Abb. 799 - Stonehenge, Sophienlinie bei 58,37 Grad



Zusammenfassung

Das alte Glessen, wie an den Beispielen dargestellt, ist kalendarisch ausgerichtet.


Einige Flurausrichtungen der Neuzeit weisen ebenfalls Kalendermerkmale auf, dürften jedoch zufällig sein.


Das Hauptkalenderliniennetz-System von Glessen. Hier lassen sich alle bäuerlichen und solaren Ereignisse neben den Mondwenden darstellen.


Glessen beruht auf historischem Ortskern (rote Markierung), der entlang der auf einer Sonnenwendlinie verlaufenden Hohe Straße liegt. Fast rechtwinklig zweigen auf der historischen Karte die Grundstücke und Flurverläufe von hier ab. Unterhalb liegt der Glessener Bach in einem langgestrecken Tal, welcher für Vieh und Menschen der Siedlungszeit notwendig war. Nördlich befanden sich Felder und Gärten und nach kalenderanalytischen Betrachtungen ein germanischer, keltischer oder vorzeitlicher Kultstättenbereich in der Nähe der heutigen Pankratiusstraße. Die schriftlichen Niederlegungen Glessens reichen bis ins Jahr 1028 zurück. Die Anlage der Anwesen um die Hohe Straße begann ab diesem Zeitpunkt an der kalendermäßig verlaufenden Hauptstraße. Diese dürfte jedoch bereits von Frühfranken oder Menschen der Bronzezeit angelegt worden sein, die Siedlungen vielerorts entlang der Sommersonnenwend-Tangente anlegten. Durch die Tallage am Glessener Bach wurde bei Unwetter und im Winter Schutz geboten und sonnengünstige Hänge ermöglichten Ackerbau. Die Bachkreuzung mit Kalenderlinienverläufen auf Mondwenden und Wintersonnenwenden spricht für eine Besiedlung oder Kultstätte, die noch vor den Kelten angelegt wurde.

Wie oben angedeutet und auch durch die neuen Ortsteile bestätigt, spielt die Ausrichtung auf den Mai-Monat in jüngster Zeit eine zunehmende Rolle. Der Mai gilt als Marien-Monat und die nach Eisheiligen (12.,13.,14.) dem Sophientag (15.) um den 17. und 18. Mai angesiedelten Linienverläufe deuten auf sommerliche Ausrichtung des neuen Glessens.

Die Lage der Kultstätten und Restzeugnisse


Auch nach umfangreicher Suche konnten in Glessen nur wenige Zeugnisse vorzeitlicher religiöser oder kultischer Herkunft festgestellt werden. Wie oben beschrieben, sind die Punkte Pankratiusstraße P und Standort für Mondbeobachtungen M kaum noch nachzuvollziehen. Mit Ausnahme des kleinen Maueraltares A am Höhenweg, etwa Ecke Sommerhaus liegen Wegekreuz W, Hausaltar H und Kirche K an den wichtigen Kalenderlinien. An diesen Punkten dürften sich auch schon zur Zeit nach der ersten Besiedelung Markiersteine oder markante Bäume befunden haben.

Zurück zur Startseite
©
Copyright