Zwei spielende Kinder am Ringwall

von Heinrich Klein Bergheim

Es ist schon lange her; ich erinnere mich nach wohl 50 Jahren kaum noch an alle Einzelheiten. Aber in der Ferne erinnert man sich gerne an gute Zeiten seiner Kindheit.

Zu den begehrtesten Nachmittagsausflügen gehörten die Hänge der ersten etwa 50 oder 60 m hohen Voreifelberge bei Kreuzweingarten. Die Pfaffenhardt direkt vor unserem Hause beheimatete den obigen neu angelegten Sportplatz und die Aufschlüsse vom Römerkanal, durch die wir kleinen Jungs gerne krochen. Die Schutzgitter der nach oben hin an einigen Stellen offenen Abschnitte waren an den Seiten etwas gebogen und ließen unseren schmalen Körper einen Zugang finden.

Für die Heimatforschung hatte sich in den 30er bis 50er Jahren Pfarrer Nikola Reinartz verdient gemacht. In vielen Kreuzweingartener Familien erzählte man sich vom Sinther, der einst oben am Römerkanal gebrochen und nach ganz Deutschland geschickt wurde. Die Gemeinde konnte sich seinerzeit mit dieser kleinen Rohstoffquelle zwar nicht bereichern, aber immerhin war der Name des kleinen Ortes zumindest in den Reihen der Heimatkundler ein Begriff. In der Kreuzweingartener Heilig-Kreuz-Kirche hatte man die Altarplatte aus geschliffenem Kalksinther errichtet und auch jeder Nachkriegsschüler mußte dies noch in der Unterklasse der zweiklassigen Katholischen Volksschule lernen.

Oben auf dem kleinen Bergausläufer vom Sportplatz Richtung Rheder war der Wald abgeholzt und es wurde eine kleine Tannenschonung gepflanzt. Einige lichte Stellen mit Gras oder Moosbewuchs waren in der Sonne so behaglich, daß es einfach in der warmen Jahreszeit die Jugendlichen zu solchen wohligen Orten zog. Mehrere Bänke boten Spaziergängern bequemen Platz und die Aussicht auf den kleinen Ort im Erfttal zu Beginnn der Eifel des Erfttales ist wohl kaum jemals wieder in späteren Zeiten wieder so anzutreffen, wie in den 50er Jahren, als der Wald abgeholzt war. Man mag sich der Römer oder Kelten erinnern, die einst an diesem Berge standen und womöglich von einer unbewaldeten Heide weit in die Auen des ehemaligen Vengardens blicken konnte. Und noch weiter zurück mag die Paffenhardt ebenso ein guter Beobachtungsposten für jungsteinzeitliche Jäger gewesen sein, der das Wild auf dem Wege zur Flußtränke jagen konnte.

Der zweite kleine Berg war der Münsterberg, der in seiner dreieckigen Form von Erft und Mersbach umflossen vorne zum Dorf hin der alten Kirche Standort bot. Hier an dieser Stelle war der Aufgang nach oben besonders steil und die dort schon lange stehende Mauer und der Kirchenaufgang erinnert mit seinen Bruchsteinen an enge Moseltäler, wo man mit Schiefer und natürlichen Steinvorkommen enge Dorfgassen und Straßen angelegt hatte. Auch die Pastorat und das nebenliegende Schösserhaus waren aus jenem natürlichen Steinmaterial errichtet. Hier gab es einige runde Torbögen, die sich auch an einigen Höfen aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhalten hatten. Ein Stück kleines Münstereifel oder kleines Ahr- oder Moseldorf, welches sich hier rund um die Kirche neben der Erft angesiedelt hatte. Dazu der alte Kirchturm selbst und zahlreiche kleine Bruchsteinsockel der umliegenden Fachwerkhäuser, Scheunen und der weiter am südlichen Dorfrande gelegenen Schornsmühle. Kein Wunder, wenn man einst hier Wein anbaute.

Manch einer erinnnert sich noch an einige Bachübergänge, die es gab. Die Bauern tränkten ihr Vieh an der Erft und Mersbach oder holten es abends von den Erftwiesen zum Melken in den Stall. An der heutigen Erftbrücke gab es noch ein kleines Wehr, welches einen Bewässerungsgraben abzweigte, der anfangs etwa 5 Meter parallel entlang der Erft und nach dem Erftbogen im wohl 15-Meter-Abstand Richtung Rheder verlief. Die Anfahrt zum Hardtberg war noch aus Kies und bei schlechtem Wetter im Winter glatt und gefährlich. Vor der Becker-Villa zweigte ein Pfad, das sogenannte Schlangenpfädchen ab, über das man den Weg zum Hochkreuz abkürzen konnte.

Dieser Weg war der von uns meistens gewählte Weg, wenn wir spielend den Hardtberg anstiegen. Der Ringwall war für uns weniger interessant. Wir genossen meistens die Aussicht vom Kreuz auf das Dorf. Als wir dann älter waren, ging es auch schon einmal zur Hardtburg oder am hinteren Ringwall vorbei Richtung Judenfriedhof. Und hier an dieser Stelle erinnert sich der Verfasser daran, daß er sich einst mit einem Freund darüber unterhielt, wofür der Ringwall denn wohl angelegt worden sei. Und was die Kelten denn wohl oben auf dem Berg gemacht hätten. Dort gab es doch kein Wasser, welches man gehabt hätte und man müsse ja laufend zur Erft hinabgestiegen sein, um mühsam das Wasser heranzuholen. Außerdem habe es oben am Ringwall ja wohl keine Gärten oder Häuser gegeben. Ja ... aber ... vielleicht hat man ja wohl einen Brunnen gehabt, vielleicht 30 oder 40 Meter tief bis zur Talsohle ... wer weiß.

Im Zuge der Ringwalluntersuchungen gab es eine Begehung an der Seite eines Radiästheten, der in der Lage war, Wasseradern aufzuspüren. Er hatte bei seinen Mutungen in der Nähe des Topografischen Steines eine Stelle gefunden, wo Wasser wohl sein könnte, nicht weit vom Ringwallmittelpunkt entfernt. Hier als aufgrund dieser Exkursion, welche am 17. Mai 2006 stattfand, erinnerte ich mich erst an den Tag, als wir als Jugendliche ungefähr an dieser Stelle standen und uns über die Wasserversorgung der Kelten unterhielten.

Noch oft wurden wir in unserer Kindheit, der Schulzeit und auch später an all die heimatlichen Dinge erinnert, die uns umgaben. Obwohl wir Reinartz größtenteils nicht gekannt hatten und von unseren Eltern in der Nachkriegszeit hauptsächlich nur über all die Nöte in der Zeit während des Krieges erfuhren, erzählten sich die Kinder beim Spielen von den Römern und den Kelten. Kirche, Römerkanal, Kreuz und Ringwall gehörten für uns zusammen, so wie Schule, Prozession, Kirmes und all die kleinen Brauchtümer, mit denen wir aufgewachsen waren. Noch heute beim Osterklappern, Meßdienern, Fähndelschwenken und Kirchgang lebt in uns das Stück Heimat, was uns durch die Geschichte hindurch um die alte Kirche und die Römer- und Keltenzeit gegeben wurde.

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