Kalenderlinien bei Ripsdorf

Vorzeitliches Zentrum in Ripsdorf bei Blankenheim/Eifel vermutet.

In der Römerforschung machten einige Funde in der Nähe von Ripsdorf von sich reden. Einige zusammengetragenen Fakten geben dem Orte Rispdorf eine wohl höhere Bedeutung als bisher angenommen. Was für ein Geheimnis verbirgt sich hinter Ripsdorf?

Anläßlich von Recherchen in der Eifel über den ehemaligen Heimatpfarrer von Kreuzweingarten sollte ein Bild der Ripsdorfer Kirche aufgenommen werden, eventuell noch einige Fotos von Wegekreuzen oder –Kapellchen, die sich immer gut für Illustrationszwecke eignen. Seinerzeit untersuchte Pfarrer Reinartz die verschwundenen Fenster vom Kreuzgang aus Steinfeld, die anläßlich der Enteignung durch die Franzosen um das Jahr 1800 in ausländische Hände gerieten und in Frankreich oder England von begüterten Landesherren oder Kunstfreunden erworben und in ihre Kathedralen, Hauskapellen, Schlösser oder Kirchen eingebaut wurden. Dabei konnte Reinartz einen großen Teil der verschollenen Fenster an verschiedenen Orten Südwestentlands auffinden und anhand heimatlicher Aufzeichnungen dem Motiv und dem Stifter der Fenster zuordnen. Ein solches Fenster wurde von einem Pfarrer „Gerhardus Oleff, Pastor in Ripstorff“ im Jahre 1555 an das Kloster Steinfeld gestiftet. Ripsdorf gehörte urkundlich 1121 kirchlich zu Steinfeld. Nach Kirsch in A. Nrh. 2 S. 188 war Gerhard von Olef, der schon als Prior von Niederehe das Fenster VII mitgestiftet hatte, 1530 Pfarrer von Ripsdorf geworden. 1)


3 Teilbilder des Fensters XXIV von Steinfeld (oben links, oben rechts, Sockelbild unten rechts)

Ripsdorf scheint also seinerzeit ein bedeutender kirchlicher Ort gewesen zu sein. Ein Umstand den man dem Ort auf den ersten Blick im Vorbeifahren nicht ansieht. Die Ortsfotografie erbrachte einige interessante Fotos von Kirche und Ortskern, unter anderem einen Ausschnitt der Straßenmauer, die das Kirchengrundstück zu Straße hin einfriedet. Und damit fangen die Recherchen zur Vorzeit Ripsdorfs an.


Basaltstein mit Figur im Bruchsteinmauerwerk der Kirchenmauer

Zu Ripsdorf liest man bei Kämmerer, Aachen 2) „…Drei Inschriften, die ehedem zu einem Tempel des Mars, einem anderen für den Genius (Schutzgeist) der Talliatier-Familie und einem Tempel der einheimischen Göttin Ancamna gehörten, waren früher an der Kirche in Ripsdorf eingemauert.“ Möglicherweise könnte also obiger Stein der Ripsdorfer Kirchenmauer zu einem solchen Tempel gehört haben.

Schannat 3) erwähnt einen Stein mit einer römischen Inschrift, in welcher der Talliaten Erwähnung geschieht, der hier gefunden worden. Über diesen Stein wird in einem alten Manuscripte Folgendes gesagt, Der Stein habe zu Ripsdorf in der Kirche über dem heiligen „Sacrament schaff“ gestanden, das Oberste nach unten gekehrt und mit Kalk beworfen, so dass man kaum die Buchstaben der Inschrift erkennen können. Der Verfasser des Manuscripts spricht als Augenzeuge und versichtert, den Stein zu Ripsdorf in der Kirche selbst gesehen zu haben…[Es folgt die Inschrift]… Der Verfasser bemerkt, dass unter dem Dorfe Ripsdorf und bei dem Walde Sevenbusch viele Steine und andere römische Denkmäler gefunden worden…

Ungeachtet, ob obiger Stein einer der erwähnten, oder christlicher oder vorzeitlicher Natur ist, ergibt sich die Feststellung daß bei Ripsdorf u.a. folgende Gottheiten verehrt wurden:

  1. Tempel des Mars

  2. Genius der Talliatier-Famile

  3. einheimische Göttin Ancamna

  4. weitere hier unbehandelt.

Besonders interessant scheint hier Ancamna, die eine einheimische Göttin war und vorrömischen bzw. keltischen Ursprungs ist, möglicherweise vorkeltisch. Letztlich also anhand der durch Franken verbotenen Steinzeugnisse der Vergangenheit, die vereinzelt gefunden wurden, läßt sich der Schluß auf ein keltoromansiches, vielleicht vorzeitliches Heiligtum zu.


Können in Ripsdorf vorkeltische Spuren vorhanden sein?

Eine Kalenderanalyse soll Aufschluß bringen. Mittels Google-Earth ließ sich schnell feststellen, daß in Ripsdorf mehrere Hauptwege, bzw. die wichtigsten Straßen auf Kalenderlinien verlaufen.



Google-Earth-Überfliegung vom 27. Mai 2008 mit Kalenderanalysen

Rot = Sommersonnenwende 22.6.
Blau = Sophienlinie (Eisheiligen) 15.5.
Gelb = Kultlinie (Beltaine, Mainacht) 1.5.
Grün = Allerheiligenlinie (Halloween) 1.11.
Hellblau= Martinstaglinie (Zinstag) 11.11.
Violett = Wintersonnenwende 22.12.

Das Liniensystem weist 3 Hauptknotenpunkte auf:

  1. Knotenpunkt: Hauptstraße - Kirchstraße - Tränkgasse - (Kirche) als Kreuzungspunkt von Sommersonnenwende und Standort Kirche (Solarer Charakter)

  2. Beginn der Beltainelinie (Hauptstraße, etwa Quergasse zum Hahnenberg) [Lokalisation noch nicht geklärt]

  3. Knotenpunkt: Hauptstraße - Eldorfer Straße als Kreuzungspunkt von Beltainelinie, Sophienlinie und Allerheiligenlinie. (Kultischer Charakter) Dem Verlauf dieser Linie entspricht auch der Verlauf der etwas nördliche gelegenen Straße Hahnenberg, die mit 2 Gassen mit der Haupstraße verbunden ist, welche beide ebenso auf dem Verlauf einer Monduntergangswende der unten erwähnten Kirchgasse/Tränkgasse entsprechen.



Einbettung in ein übergeordnetes System ?

Beschreibung. Obiges Foto zeigt die wichtigsten festgestellten Kalenderlinien in Ripsdorf. Die Hauptstraße verläuft von Südwest kommend etwa nach Nordosten. Ihr fast gradliniger Verlauf folgt dabei einigen kleinen Winkelkorrekturen, die von der roten Sonnenwendlinie an der Kirche nach rechts über die gelbe Beltainelinie zur blauen Sophienlinie verlaufen läßt. Das gesamte System hat eine Ausdehnung von etwa 2,6 x 1,6 km und bezieht sich im Kern auf den bebauten Ortsteil. Nicht untersucht wurde die Ausweitung auf benachbarte Höhen. Südwestlich Wiesbaum liegt außerhalb des Ortes ein ähnlich großes Kalendersystem. In Alendorf und Dollendorf liegen ebenfalls nicht weiter untersuchte kleine Systeme. Hierbei scheint der sogenannte Kalvarienberg Alendorf und eine Höhe bei Dollendorf vorzeitliche Kultstätte gewesen zu sein.

Ein vergleichendes System ist das Kalendersystem bei Steinfeld und Mühlen (Dammer Berge, Münsterland)

Beschreibung: Die einzelnen Kalenderlinien verlaufen innerhalb des Ortes Steinfeld und treffen sich in der Mitte etwa an einem Urnengräberfeld. Die südlichen Kalenderlinien liegen einige Kilometer außerhalb von Steinfeld und treffen sich an den Hünengräbern.

Anordnung von Kalenderlinien am Beispiel von Steinfeld / Dammer Berge (Prinzipskizze unmaßstäblich, verkürzte Winkel)

Bezogen auf das Ripsdorfer Liniensystem wären die südlichen Kalenderlinien nordöstlich außerhalb von Wiesbaum gelegen, das zwischen Ripsdorf und Wiesbaum gelegene Gebiet etwa 4 x 2,5 km groß. Nicht berücksichtigt an diesem Beispiel nicht untersuchte Kalenderlinien bei Alendorf und Dollendorf. Die Art und Anlage eines größer einzuschätzenden Systems rund um das Lampertstal ggf. mit dem Kalvarienberg Alendorf als Mittelpunkt wurde nicht untersucht. Würde man die Erkenntnisse von Steinfeld/Dammer Berge auf Ripsdorf und Wiesbaum übertragen, so müßten sich an den jeweiligen Knickpunkten der Samhain (1.11.=Halloween) und Beltainelinie (1.5.=Mainacht) ein Gräberfeld, Hünengrab oder eine Kultstätte finden. Dies wäre in Ripsdorf etwa im Umkreis von 100 Meter von Hauptstraße 9 - 15.


Die Ausrichtung des Ripsdorfer Kalenders auf den Keltenring Stromberg (ca. 570 müNN)

In Ripsdorf finden sich 3 Wegekreuzungen, die an den 3 sommerlichen Hauptkalenderlinien liegen (siehe Skizze oben und unten).

1. Sommersonnenwendlinie 22.6. zum Knotenpunkt R 1 (Kirche, 501 müNN) [rot-violett]
2. Beltainelinie 1.5. zum Punkt R 2 (Hauptstr. 41/Verbindungsgasse Hahnenberg, 497 müNN) [hellblau-gelb]
3. Sophienlinie 15.5. zum Punkt R 3 (Hauptstr. / Eldorfer Str, 495 müNN) [grün-dunkelblau]

Von diesen einzelnen Punkten erfährt der Ripsdorfer Vorzeitkalender eine Ausrichtung zum 1,6 bis 1,9 km entfernten Stromberg, auf dem sich ein Ringwall befindet. An den einzelnen Kreuzungspunkten befanden sich einst Markiersteine (Menhire), Pfosten, Baumheiligtümer, kleine Ringwälle oder Kultstätten. Die Kirche liegt im Schnittpunkt der Winter- und Sonnersonnenwendlinien dieses kleinen Kalendersystems. Sie kennzeichnet den Mittelpunkt dieses kleinen solaren Systems. Nicht untersucht wurde der Verlauf der Kirchstraße und Tränkgasse, der möglicherweise eine lunare Ausrichtung darstellt. Beide Gassen liegen rechtwinklig zur Hauptstraße, bilden eine Art Hohlweg und kennzeichnen in etwa die Monduntergangswenden.



Es bedeuten:

Rot = Sommersonnenwende 22.6.
Blau = Sophienlinie (Eisheiligen) 15.5.
Gelb = Kultlinie (Beltaine, Mainacht) 1.5.
Grün = Allerheiligenlinie (Halloween) 1.11.
Hellblau= Martinstaglinie (Zinstag) 11.11.
Violett = Wintersonnenwende 22.12.

In einer weiteren Analyse wurden noch vorzeitliche Merkmale bei Hüngersdorf in der Nähe von Ripsdorf entdeckt. Hierzu mehr bei Vorzeitliche Zeugnisse bei Hüngersdorf.

Eine Namensanalyse von Ripsdorf

Guthausen 4) hält den Personennamen Ripuari(us) als namensgebend für möglich, welches als fraglich gilt.
Alte Bezeichnungen
1121 Riperstorp
1136 Ripsdorp
1200 Rypstorp
1457 Rypsdorf
1503 Rypstorpe

Zum Namen Ripsdorf schreibt Johannes Becker: „In diesem Namen ist das Wort Ripuarier verborgen, weshalb auch Binterim und Mooren (I, Seite 156) den Namen erklären als vicus Ripuariorum, Grenzdorf der Ripuarier, so wie das einige Stunden östlich gelegene Reifferscheid als sceta Ripuariorum, Scheide, Grenze der Ripuarierer gegen die südlich wohnenden Alemannen erklärt wird.“

Quellen:

  1. Nikola Reinartz: Kunstgabe des Vereins für christliche Kunst im Erzbistum Köln und Bistum Aachen für das Jahr 1955, herausgegeben von Wilhelm Neuss, Verlag und Druck: B.Kühlen, M.Gladbach 1955, 182 Seiten.

  2. Dr. Walter Kaemmerer, Aachen: Zur Religionsgeschichte des Kreises Schleiden. In: Heimatkalender Kreis Schleiden, Eifel, 1956, Seite 45

  3. Schannat: In der Eiflia Illustrata, 1829, Band 1, Abteilung 1, Seite 451 (Ausschnitt)

  4. Guthausen: „Die Siedlungen des Kreises Schleiden“

Örtliche Untersuchungen und Berichte
© Copyright