Der Goloring

Ein eisenzeitliches Heiligtum vom Henge-Charakter im Koberner Wald (Landkreis Koblenz).
Von Josef Röder, Bonner Jahrbücher 1948, S 81 - 132












Die Suhle




















Abb. 27. Goloring, Suhle. Plan. Maßstab 1 : 400.



















Mit dem Namen Suhle bezeichnet man im Neuwieder Becken und Maifeld sumpfige Erdlöcher, die man gelegentlich in Wäldern antrifft. Sie entsprechen den Maaren des Trierer Landes, Luxemburgs und Lothringens. Andere Beispiele aus der südlichen Rheinprovinz sind weiter unten zusammengestellt. Eine solche Suhle liegt im Südosten des Goloringes direkt an den Wall anschließend. Für die Lage vgl. Gesamtplan Taf. 13 und das Profil Taf. 19,2. Sie ist in den sanft geneigten Hang eingeschnitten und besitzt eine ovale Gestalt mit den Ausmaßen von etwa 30 x 20 m. Besser als eine genaue Beschreibung zeigen der Höhenschichtplan (Abb. 27) und die verschiedenen Schnittprofile (Taf. 19,1) die eigentümliche Gestalt dieses Erdloches. Die künstliche Herrichtung der Suhle wurde durch die Ausgrabung eindeutig erwiesen. Die ausgehobenen Erdmassen sind jedoch in der Nähe nicht mehr nachweisbar. Die heutige Gestalt ist allerdings insofern nicht die ursprüngliche, als eine mächtige Einschwemmung vor allem am Westhang die tief eingeschnittene ursprüngliche Wand verschleift und überrutscht hat, bis sich der heutige Zustand natürlicher Standfestigkeit eingestellt hat. Dem von Westen nach Osten geneigten Hang entsprechend war die Eintiefung am Westhang am steilsten, während man von Osten fast flach mit der Eingrabung begann. Nach der Höhenschichtaufnahme hat es den Anschein, als sei um den Ostrand der Grube ein niedriger Erdwall gelegt, eine Vermutung, die sich bei den geringen Höhenunterschieden, um die es sich dabei handelt, durch die Ausgrabung nur bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich machen ließ. Die Ausgrabung selbst mußte, wie beim Goloring, auch hier weitgehend auf den Baumbestand Rücksicht nehmen, doch konnten die Schnitte so angelegt werden, daß eine vollständige Klärung aller wichtigen Erscheinungen erreicht wurde. Die Anlage der Schnitte zeigt der Plan Abb. 27, ebenso die Lage der auf Taf. 19,1 wiedergegebenen Profilschnitte. Die Grube ist bis auf den das Liegende bildenden gelblichen bis rötlichgelben Lehm ausgeschachtet gewesen. Die hangenden durchstoßenen Schichten bestehen im wesentlichen aus wechselnden Lagen eines lehmigen, meist sehr feinen Sandes, in den einzelne Streifen eines feineren Kieses eingeschaltet sind. Am Ostrande macht. sich unter dem Humus gelegentlich ein wenig mächtiges Vorkommen von grauen Tuffsanden bemerkbar.

Schnitt I durch den kürzesten Durchmesser der elliptisch geformten Suhle und zugleich der Schnitt, in dem die Geländeunterschiede auf der gedrängtesten Linie zusammenliegen, der einzige ideale Querschnitt, gab schon im wesentlichen Aufschluß über den Bau der Suhle. Der Hang im Westen war verhältnismäßig steil abgestochen worden, während man von Osten her nur flacher ausgrub. Die Profilverhältnisse ließen den Gedanken aufkommen, daß die Westwand einst mit vermutlich halbkreisförmig um die Suhle laufenden Stufen umgeben war. Auch in den Schnitten III und V zeigte sich wenigstens ein unzweideutiger Stufenansatz. Natürlich könnte man daran denken, daß diese Stufen rein technisch bedingt sind, da die Abgrabung einer solch verhältnismäßig hohen Wand, zumal in Anbetracht primitiver Werkzeuge, nicht gut anders als terrassenförmig erfolgen kann. Auch bei der Ausgrabung mußte zu diesen Hilfsmitteln gegriffen werden, wie die Ausgrabungsgrenzen deutlich zeigen. Trotzdem erscheint es mir nicht unmöglich, daß sich die Stufen amphitheatralisch um die fertige Suhle zogen. Die im folgenden aufgezeigte Parallelisierung der Stufenansätze in den einzelnen Schnitten ist m. E. zumindest ein starker Hinweis in dieser Richtung. Eine Parallelisierung der Stufen ist nicht leicht durchzuführen. Betrachten wir Schnitt I. Von der Stufe a', die ein Gegenstück in Schnitt IV findet, wollen wir hier ganz absehen. Stufe a und b sind deutlich ausgeprägt, durch Überrutschung eingeschlammter Erdmassen zwar stark verschliffen, aber an ihrem ehemaligen Vorhandensein ist nicht zu zweifeln. Der Stufe a' entspricht mit gleicher Höhe der Absatz in Schnitt III und läßt damit eine umlaufende Terrasse erkennen. Dagegen scheint Stufe a' in Schnitt IV ursprünglich gefehlt zu haben, denn der fast senkrechte Verlauf zwischen a und b muß wohl ursprünglich sein und gestattet nicht, eine weitere, etwa durch atmosphärische Einflüsse verschwundene Stufe zu interpolieren. Diese Stufe war also nicht mehr bei Schnitt IV durchgegangen. Desgleichen scheint sie in Schnitt V gefehlt zu haben und kann bei der Beschaffenheit des Profils auch hier nicht nachträglich verschwunden sein, zumal die heute noch in Ansätzen erkennbaren Stufen gerade der Steilheit der Abgrabung ihre Erhaltung verdanken. Ehe sie selbst völlig abgetragen werden konnten wurden sie von nachrutschenden Erdmassen zugeschüttet. Eine andere Möglichkeit des Verschwindens muß aber gleich noch angedeutet werden. Stufe b ist in Schnitt I gleichfalls gut ausgebildet. Mit gleicher Höhe entspricht ihr eine Stufe in Schnitt V. Ihre Ausbildung ist dort vielleicht sogar noch besser zu erkennen. Daß es sich nicht einfach um die Überleitung in die nach Westen zu flacher verlaufende Ausschachtung handelt, beweist ein zwar nur kurzes, aber fast waagerechtes Einschaltstück zwischen den sonst abwärts gerichteten Linienverlauf des gewachsenen Bodens. Einen stufenartigen Absatz in gleicher Höhe zeigt auch Schnitt III, und auch hier ist im Verlauf des gewachsenen Bodens eine mehr waagerechte Partie eingeschaltet, die gegen das Nordende des Profilschnittes wieder einer steileren Aufwärtsbewegung Platz macht. Leider war eine Weiterführung des Schnittes wegen des Baumbestandes nicht möglich, doch genügt der Ausschnitt m. E. vollauf, um die geschilderte Erscheinung sicher erfassen zu lassen. An dieser Stelle war es sogar möglich, was sonst nicht immer mit Sicherheit auszumachen war, zwischen dem hellen gewachsenen Boden und den später darüber geflossenen Erdmassen eine humos infiltrierte Zone des nie bewegten Bodens festzustellen, die ungefähr denselben Verlauf zeigt wie die Grenzlinie des gewachsenen Bodens. Nicht unmöglich wäre es allerdings auch, daß diese Infiltration erst nachträglich von der Grenzlinie zwischen bewegtem und unbewegtem Boden her erfolgte, nachdem die Einschlammung der Suhle längst weitgehend Tatsache geworden war, und daß nur infolge besonderer Umstände sich diese alte Grenzlinie sichtbar erhalten hätte. Wie diese Verhältnisse nun auch gedeutet werden müssen, jedenfalls haben sich hier zwei gleichgerichtete Grenzlinien erhalten. Schließlich zeigt auch Schnitt IV in gleicher Höhe (bei b) einen Absatz. Die steile Ausschachtung der Grube leitet hier in leichtem Bogen in das umliegende Gelände über. Eine eigene Treppe wird hier nicht bestanden haben, denn mit diesem Absatz war bei der seitlichen Lage zum Hang bereits, die Oberfläche erreicht. Wohl hat hier infolge der Einschwemmung in die Suhle noch eine wenn auch geringmächtige Überschichtung stattgefunden, doch ist der Hang nicht mehr so steil, daß man noch eine weitere Treppe annehmen müßte. Im großen und ganzen scheint Stufe b nur an den steilen Partien des Westhanges bestanden zu haben und lief an den nördlichen und südlichen Rändern der Grube einfach in das umliegende Gelände aus. Stufe c und d waren nur im Schnitt I nachweisbar, sie mußten ihrer hohen Lage wegen auch bald in das umliegende Gelände überführen. Stufe d gibt vielleicht auch nur die Stelle an, wo die Ausschachtung begann, und bildet somit nur die Rückwand von Stufe c.











Bereits in Schnitt I zeigte sich, am Boden der Suhle ein 9 m langes und an der dicksten Stelle 0,45 m breites Band aus blauem tertiärem Ton. Der Querschnitt ließ den Gedanken aufkommen, daß wir es hier mit einem künstlichen Becken oder einer Wanne aus blauem Ton zu tun haben. Die übrigen Schnitte galten im wesentlichen der Klärung dieser Frage. Schnitt II, ein Längsprofil durch die Suhle, ergab wieder im wesentlichen dasselbe Bild. Es bestand nun kein Zweifel mehr, daß der Boden der Suhle mit einer Schicht aus dem blauen Ton wannenartig. ausgeschlagen war. Die Schnitte III, IV, V, VI ergänzten diese Wahrnehmung vollständig, so daß es danach möglich wurde, ein genaues Bild der Ausmaße, der Gestalt und der Einlagerung dieser Wanne zu gewinnen. Sie ist von längsovaler Gestalt mit einer Ausdehnung von 9 x 14,5 m. Die äußerste Kante des allseitig aufgebogenen Randes verläuft in gleicher Höhe, sie ist also ausnivelliert, d. h. mit der für ihren Zweck nötigen Genauigkeit. Nur im Südwesten ist der Rand auf eine kurze Strecke hin etwas höher aufgebogen. Die größte Tiefe der Wanne beträgt 0,50 m unter ihrem äußeren Rand. Die Einlagerung der Wanne zeigt der Plan.

Der Plan zeigt ferner, daß das Oval der ganzen Suhle mit dem des eingelagerten Tonbeckens nicht völlig übereinstimmt. Es ist spitzovaler, und seine Längsachse liegt sogar etwas schräg zu der Suhle. Mehr als diese immerhin durch das Arbeiten nach dem Augenmaß erklärbare Ungenauigkeit spricht ein anderer Umstand für ein späteres Einfügen des Beckens. An all seinen Rändern lagert das Becken nicht auf dem gewachsenen Boden auf, da die Suhlengrube noch weiter ausgeschachtet ist und sich überall zwischen den aufgebogenen Rand des Beckens und der Suhlengrube ein Keil von bereits einmal bewegter humos infiltrierter Erde einschiebt. Das Becken wurde also erst eingefügt, nachdem ein Teil der Grube bereits wieder, sei es durch Witterungseinflüsse, sei es durch Menschenhand, an den Rändern nachträglich zugeschüttet war. Dabei mögen auch gelegentlich die Stufen beseitigt worden sein. In den Schnitten I und IV hob sich dieser Erdzwickel zwischen Beckenrand, Suhlenwand und -grube durch eine dunklere Färbung sehr gut gegen die später nachgerutschten Erdmassen ab. Da die obere Grenze ziemlich waagerecht verlief, so liegt der Gedanke nahe, daß wir hier noch die Grenze eines 1,00 x 1,50 m breiten Umganges um das Becken vor uns haben. In beiden Fällen können wir aber noch erkennen, daß die Erde eine schräg zur Suhlenmitte einfallende Schichtung aufwies. Es handelt sich also weitgehend um einen natürlichen Erdrutsch, dessen Oberfläche nach Einfügung des Beckens geglättet wurde, um einen Weg rund um dasselbe herzustellen.. In den Schnitten, III und IV lagen am Rande des Beckens große wasserdurchlässige Stücke vulkanischer Schlacken (Krotzen, die, nach dem Aussehen zu urteilen, von dem nahe gelegenen Karmelenberg stammten. Sie waren gerade groß genug, um darauf stehen zu können, und nur wenig in den zähen blauen Ton eingesunken. Eine kleine, flache Steinplatte lag in der Mitte des Beckens. Wahrscheinlich wurde also die Suhle erst gegraben ohne die Absicht, ein Tonbecken einzufügen, da man auf der Sohle auf eine Lehmschicht stieß. Erst nachträglich. wurde das Tonbecken eingefügt, das dann von der späteren Einschlammung überdeckt und so erhalten wurde. Mit Ausnahme der Ränder lag das Tonbecken überall direkt auf dem liegenden Lehm auf, eine Zwischenschicht etwa von vergangener organischer Substanz (Stroh oder dgl.) hätte sich durch ihre Schwarzfärbung ohne weiteres zu erkennen geben müssen. Eine solche fehlte jedoch völlig.















Zu: Zeitstellung - S. 128

















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Scanwork - Juni/Juli 2004 Wisoveg.de, Wingarden.de












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