Rechts- und volkskundliche Denkmäler aus dem Neuwieder Becken
Von Josef Röder

Projektstudie Keltendorf Wingarden
Vorzeitforschung, Heimaterkundung, Megalithzeit, Sagen, Legenden, Geschichten, Rheinische Mythologie












3. Das Mendiger Berggericht















Den Umfang dieses Gerichtes in der großen Pellenz erfahren wir aus dem Weistum von 1335. 49 Es war mit den Heimburgen (Ortsvorstehern) der 14 Ortschaften Ettringen, Hausen, Kottenheim, Niedermendig, Thür, Trimbs, Wellig, Nickenich, Wassenach, Bell, Eich, Bretzing, Plaidt und Fressen besetzt, außer welchen das Weistum noch 18 Geschworene erwähnt. Dreimal im Jahr wird Hochgericht gehalten. Der Graf von Virneburg erscheint zuerst im Jahre 1230 als Richter in der großen Pellenz. In diesem Jahre wird ein Streit zwischen den Grafen von Sayn mit der Gemeinde Thür über die pfalzgräflichen Abgaben beigelegt. Als Richter fungieren ein Wolpode des Grafen von Virneburg und der cellarius Sainensis. Der Schluß der Urkunde gibt einen Hinweis auf die Lage der Gerichtsstätte: „Postmodum coram judicibus totius provinciae in monte Mendig debito jure preconata sunt et firmata. Nomina autem in monte sedentibus ... (folgen die Namen). 50 Im Jahre 1232 befreit Graf Heinrich von Sayn die Güter der Abtei Laach zu Winningen von der Vogteiabgabe und erklärt die zu ihren Gütern in Kruft, auf dem Maifelde und in der Pellenz gehörigen Leute von Steuern, Abgaben und der Gerichtsbarkeit des Mendiger Berggerichts frei 51: Hominces eciam omnes in Cruthe (Kruft) morantes liberos esse volumus a vocatione iudicii in monte Mendig. 52 Beide Urkunden zeigen noch das Nebeneinander der Grafen von Sayn und Virneburg als Gerichtsherren in der großen Pellenz.

Später mußte der Graf von Virneburg, dem nach dem Aussterben der Sayner Grafen die Pellenz zugefallen war, einen Teil seiner Rechte an das Erzstift Trier abtreten. Das Gericht wure gemeinsam von beiden verwaltet und stand unter dem kurfürstlichen Amtmann zu Mayen und dem gräflichen Waltboten zu Monreal. Der Graf von Virneburg war „Pellenzgraf“ und „Gewaltrichter“ von beider Herren wegen, während der Kurtrierische Amtmann schweigend zugegen sein mußte. 53















Abb. 3 - Ersatzfoto gesucht













Grimm nahm an, daß das Gericht in monte Mendig auf einem Berge wahrscheinlich zwischen Niedermendig und Thür gehalten worden sei. Diese Vermutung bestätigt sich. Zwischen Niedermendig und Thür schiebt sich ein Bergrücken in die Pellenzsenke vor. Auf der höchsten Höhe an der Kreuzung der Straße Obermendig-Thür-Niedermendig (Mbl. Mayen 3268) begegnen wir dem Distriktnamen „Am Gericht“. Er greift noch auf Niedermendiger Gemarkung über. Etwa 250 m östlich dieser Kreuzung an dem Wege nach Niedermendig stehen die sog. Urteilssteine, ein ganz einzigartiges, noch erhaltenes Rechtsdenkmal, auf das merkwürdigerweise, soweit ich sehe, bisher noch nicht hingewiesen wurde. Ursprünglich waren es drei Steine, der am weitesten östlich stehende wurde erst vor wenigen Jahren entfernt (Abb. 3). Sein Standloch ist heute noch sichtbar. In der Mitte steht eine Basaltplatte von 1 m Höhe, 0,70 m Breite und 0,25 m Dicke, und stellt ersichtlich einen Steinsitz dar. Der heute entfernte Stein soll bei gleichen Ausmaßen genau so gestaltet gewesen sein. Auf dem einen Stein soll der Richter, auf dem anderen die „Geschworenen“ gesessen haben. Da nicht sämtliche 18 Geschworenen auf dem einen Stein gesessen haben können, so zeigt sich, daß der Volksüberlieferung in diesem Punkte nicht ganz zu trauen ist. Möglicherweise gehörte der eine Steinsitz dem Virneburgischen Waltboten, der andere dem Trierischen Amtmann. Die mittlere Steinplatte soll als Enthauptungsstein gedient haben, indem der Delinquent vor dem Stein niederknien und seinen Hals auf die Oberkante der Platte legen mußte. Über das Alter der Steine ist wenig zu sagen. Sie bestehen aus einem besonders dauerhaften wenig in der Farbe sich verändernden bläulichen Basalt, sind überall alt verwittert und zeigen nur geringe Spuren moderner Verletzungen. Sie ruhen in einem Bett von Traßmörtel.

Die Urteilssteine würden also den Ort der Urteilsvollstreckung anzeigen, wenn wir der Volksüberlieferung trauen dürfen. Ob sie die Stelle der Gerichtssitzungen selbst bezeichnen, erscheint mir zweifelhaft. Man wird dafür eher an einen Platz in dem Distrikt „am Gericht“ denken dürfen, so daß auch hier Gericht und Richtsstätte örtlich weitgehend zusammenfallen würden. Die Steinplatte bei Niedermendig hat wohl eine ähnliche Funktion wie anderwärts die blauen, roten, breiten oder heißen Steine, die gleichfalls an Orten des Vollzuges von Blutstrafen stehen. 54 Vielleicht deuten die beiden Sitzsteine darauf hin, daß an der Steinplatte nochmals eine formelle Wiederholung des Prozesses stattfand, wie bei dem blauen Stein in Irlich. 55

Von alten Leuten hörte ich noch, daß ein Galgen früher auf dem Marktplatz von Niedermendig (Poststraße), er erst in neuerer Zeit in die bebaute Ortszone geriet, gestanden haben soll. Der Diskrikt hieß früher „Wenzelskaul“, und es soll dort eine Kaule, eine Erdgrube, gewesen sein, was in sofern von Bedeutung ist, als der Ort des Galgens in der Heimbacher Flur (Kr. Neuwied) heute noch „Galgenkaul“ heißt und weil ein Gerichtsplatz in Westfalen nach der Schilderung in Immermann's „Münchhausen“ sich um eine Erdgrube hinzog.













II. Der Galgenberg von Hambuch (Kr. Kochem) - S. 170















Zum Scanwork - Juli/August 2004 Wisoveg.de, Wingarden.de















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